Ich sitze hier in meinem Zimmer zu irischen Folkklängen lauschend, während draußen vor meinem Fenster Schäfchenwolken an dem azurblauen Himmel vorbeihuschen. Eine leichte warme Briese weht draußen. Es ist angenehme 23°C warm. Der Sommer blüht. Und von den Dächern flüstern einem die Spatzen zu: Hey, geh doch mal wieder raus bei diesem schönen Wetter und schwing Deinen Arsch aus der Haustür. Gehört, Rat befolgt. Ich erhebe mich von meinem all zu gemütlichen Schreibtischstuhl, bin schon auf dem Weg zur Zimmertür. Da fliegt gegen die Fensterscheibe ein Rabe mit vollem Karacho und lässt ein lautes "klonk!" erklingen. Ich renne sofort zum Fenster hin, noch unwissend, was da soeben gegen die Fensterscheibe geklatscht ist und schaue aus selbigem hinaus. Da sehe ich den Raben unter dem Fenstersims liegen. Er bewegt sich nicht. Oh mein Gott, denke ich. Auch, wenn ich nicht an Gott glaube. Ist halt son Reflex von mir auf einmal gläubig zu werden in solchen Situationen. Und als ob mich für mich nicht existierender Gott gehört und die Situation bemerkt hätte, sehe ich, wie sich eine rabenförmige Silhouette von dem Raben abhebt. Ich werde Zeuge, dass es doch Geister gibt. Und besagter Geist steigt in den Himmel. Also gibt es doch einen Gott, wenn es Geister gibt, die gen Himmel streben? Vielleicht. Ich bekreuzige mich vorsichtshalber vor Schrecken vor dem toten Vogel und trete nun endlich aus meiner Zimmertür, gehe hinaus in den Gartenschuppen und hole mir von da eine Schaufel. Mit der gehe ich zu dem Raben und befördere ihn geschickt auf die Schaufel. Mit ihm gehe ich in den Garten, lege ihn sanft auf die Erde (auch, wenn er schon tot ist, bin halt ein einfühlsamer Mensch) und grabe neben ihm ein Loch, in welches ich ihn anschließend lege und beerdige. Nach getaner Arbeit halte ich eine Weile inne vor dem Grab des Toten. Ich weiß, ist nur ein Vogel gewesen. Aber anscheinend hatte er auch eine Seele, sonst wäre er ja nicht in den Himmel gestiegen, oder? Von diesem traurigen Ereignis etwas mitgenommen, gehe ich wieder ins Haus, in mein Zimmer und schreibe nieder, was mir soeben widerfahren ist. Ich schreibe es auf Papier, welches ich wieder mit raus in den Garten nehme und dort in einer Feuerstelle anzünde. Die Asche fliegt gen Himmel, so wie zuvor der Geist des toten Raben. Und so hoffe ich, findet der Rabe seine letzte Ruhe.
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